Der legendäre DJ und Plattensammler John Peel hat es mal auf den Punkt gebracht: „Jemand wollte mir weismachen, dass CDs besser als Vinyl sind, weil sie kein Hintergrundrauschen haben. Ich sagte zu ihm: ,Hör zu Mann, das Leben hat Hintergrundrauschen.‘“ Dieses Zitat ist ebenso die pragmatische Antwort auf die Frage, wie wir mit dem Hintergrundrauschen von Vinyl umgehen sollten, wie es auch den Verweis auf die Lösung liefert, wenn Störgeräusche den Musikgenuss beeinflussen oder sogar verderben. Als die CD Anfang der 80er ihren Siegeszug antrat, war ihr damaliges Verkaufsargument das Fehlen jeglicher störender Geräusche, die von der eigentlichen Musik ablenken könnten, physikalisch und mathematisch nachweisbar. Damit beeinflusst die CD indirekt bis heute unsere Hörgewohnheiten, was sich auf ganz alltägliche Gewohnheiten auswirkt. Noise-Cancelling-Kopfhörer sind hier nur die Spitze des Eisbergs.
Das Empfinden, wie stark Störgeräusche das persönliche Erleben von Musik beeinflussen, wird dabei immer ein subjektives sein und natürlich extrem von der Beschaffenheit des jeweiligen Musikstücks abhängen: Eine extrem laut aufgenommene, stark komprimierte Metalcore-Platte wird sich immer über jede Art von störendem Geräusch hinwegsetzen – ob in der U-Bahn oder auf dem Plattenteller. Ein hochdynamisch gespieltes Klavierkonzert oder eine Ambient-Platte, die viele Field Recordings enthält, wird sich, auch wenn die Aufnahme keinerlei Störgeräusche enthielte, zumindest mit den uns umgebenden Geräuschen auseinandersetzen müssen – der Straße, die am Haus vorbeiführt, dem Kindergeschrei aus der Nachbarwohnung oder dem Brummen des Kühlschranks. Und genauso verhält es sich mit dem Laufgeräusch beim Anhören von Platten.
Betrachten wir die Platte losgelöst von allen anderen Einflussfaktoren, ist die Ursache eines Störgeräuschs immer die Rille selbst, in der bestimmte Töne abgetastet werden, die nicht zur Musik gehören. Diese Töne können diverse Ursachen haben: den Schnitt, das Rohmaterial und den Pressvorgang selbst. So ist etwa bekannt, dass ein ganz neuer Stichel beim Schnitt eine etwas rauere Oberfläche aufweist und erst nach einigen Schneidvorgängen sein Optimum erreicht, bevor er wiederum nach 30 bis 70 Stunden Arbeit ausgetauscht werden muss. Die Pressung ergibt auch bei sorgfältigster Arbeit nie einen mikroskopisch perfekt glatten Rillengrund, da die Pressmasse sich weder grundsätzlich absolut gleichmäßig verteilt noch ihre Beschaffenheit auf molekularer Ebene eine perfekt plane Oberfläche ergeben kann. Denkbar ist außerdem, dass Störgeräusche bereits auf dem Master aufgezeichnet sind und damit ihren Weg auf die Platte finden – bei einem teilweise oder vollständig analogen Signalweg zum Beispiel das Laufgeräusch einer Bandmaschine, das sich über einen physikalischen Effekt, den man Mikrofonie nennt, auf den Aufzeichnungskopf überträgt.
Das Störgeräusch auf einer Platte kann sich je nach weiterem Signalweg nun tatsächlich als Rauschen, aber auch als Fauchen, Pfeifen oder Kratzen äußern und tritt in Wechselwirkung mit der Musik selbst auf, ordnet sich ihr unter oder tritt prominent an die Oberfläche, je nachdem, in welchen Frequenzbereichen und zu welchen Lautstärken die Musik tatsächlich spielt. So vielfältig wie die Einflussfaktoren sind, ist auch das Ergebnis der Abtastung und wird von jedem Abschnitt des Signalwegs bestimmt: Da ist zunächst einmal der Schliff der Nadel, der beeinflusst, wieviel Information tatsächlich verarbeitet werden kann. Von dessen Zusammenspiel mit der Nadelaufhängung, dem Tonarmgewicht, der Beschaffenheit des Generators über seine Bauart als MC-, MM- oder MI-System bis hin zur letztlichen Ausführung, der Kapazität des Anschlusskabels am Entzerrer-Vorverstärker und dem Lautsprecher als finalem Schallwandler – an all diesen Positionen können sich Störgeräusche einschleichen, verstärkt oder auch abgeschwächt werden.
Ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit nur ein Beispiel: Physikalisch liegen MC-Systeme bei der Abtastung in vielen Bereichen vorne. Ihre niedrigohmigen Generatoren sind weniger leistungsstark, beanspruchen die Rille nicht so sehr, und durch das geringere Gewicht laufen sie leichter durch. Sie reagieren weniger anfällig auf die Kapazität des Anschlusskabels, aber dann wieder eher sensibel auf Resonanzen im Hochtonbereich. In der Verstärkung des Signals ist das Ergebnis bei einer MC-Abtastung dann allerdings wesentlich stärker von der Güte und Abstimmung des Entzerrer-Vorverstärkes abhängig. Leicht können hier klangliche Gewinne zunichte gemacht werden. Vergleiche der einzelnen Einflüsse können also immer nur unter Laborbedingungen erfolgen, wenn alle anderen Einflussgrößen identisch gehalten werden. Die Antwort auf die Frage, ob etwa zwischen Platten Unterschiede beim Laufgeräusch bestehen, ist also ebenso eindeutig zu geben, wie die auf die Frage, ob verschiedene Tonabnehmer verschiedene Ergebnisse in der Abtastung erzielen: Ja, so ist es.